… ein willfähriges Volk. Es braucht nur einige Anstupser in den gleichgeschalteten Medien und schon empören wir uns. Aber nicht einfach so – nein, auf das Heftigste. Manches Mal allerdings sind auch einige penetrante Wiederholungen in den Medien notwendig, aber letztlich klappt es fast immer. Das haben wir bei Eva Herman gesehen und das sehen wir jetzt an Thilo Sarrazin.
Wir sind quasi ein Volk von Empörern. Zunächst empören wir uns – und dann versuchen wir uns kundig zu machen über deren Anlaß. Daß es nicht unangemessen scheint, den Vorgang umzukehren – also sich zuerst kundig zu machen und erst dann auf die Barrikaden zu steigen, ficht viele nicht an.
Das schöne an unsere pädagogisch wertvollen Empörung ist, daß sie unabhängig von der jeweiligen Regierungsform funktioniert: Angefangen bei Bismarck und Seiner Majestät Willem Zwo glorreichen Zeiten über die Weimarer Schwächephase und das folgende Zwölftausendjährige Reich bis hin zur BRDDR klappt seit mehr als einhundert Jahren das mit der Volksempörung relativ zuverlässig; auf uns Deutsche ist eben Verlass.
Es ist zu vermuten, es hauptamtlich bestallte Berufsempörer ebenfalls schon etwas länger gibt. Eine dieser heutigen Sirenen erscheint manchmal ein wenig schrill – sowohl in der Farbe der Kleidung, als auch in der Stimmlage.
Zur Zeit ist Thilo Sarrazin Empörungsanlass. Unsere Kandesbunzlerin fühlte sich sogar bemüßigt Sarrazins Arbeitgeber auf Entlassung zu drängen. Da kann natürlich unser aller lieber Herr Bundespräsident ‑den ich nicht despektierlich Grüßaugust nennen werde- nicht zurückstehen und signalisiert der gleichnamigen Bank, Sarrazin in Pension zu schicken, sei sicher nicht verwerflich.
Und da gibt es noch den pausbäckigen Erzengel Gabriel der ‑nachdem er vom popeligen SPD-Pop-Beauftragten (Ja doch, so etwas gab es wirklich) die Karriereleiter hinaufschnaufte- über alle Maßen empört ist und darauf brennt seinen Enflußbereich von solchen Subjekten säubern.
Wetten, daß dieser Säuberungsprozess versanden wird? Schließlich stehen 2011 einige Wahlen an und das Fußvolk des Erzengels sieht die Sache ganz anders als sein voreiliger und vorlauter Chef.
Nur mal so, zur Erinnerung gewissermaßen: Es gibt ein Grundgesetz, der die Meinungsfreiheit schützt; der entsprechende Artikel beginnt mit ” Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.”
Ein Glück, daß es auch noch Empörungsresistente gibt! Ein Danke in die Schweiz, nachÖsterreich, nach Großbritannien, nach den Niederlanden, nach Frankreich, nach Spanien, nach Portugal u.a.m.
Also Deutsche, frischauf, empören wir uns bald mal wieder…
Edit 05.September 2010: Dem Beitrag des großartigen Ralph Giordano ist nichts mehr hinzuzufügen.
Edit 07.September 2010: Na bitte, es geht doch.